Hommage an den großen Komponisten Stavros Koujoumtzis (oder Kouyioumtzis, Kougioumtzis, Kouyoumtzis, Koujioumtzis) in der Liederhalle Stuttgart (11.05.2013) mit Sawas Kakaris und Drosostalides. Als Gäste aus Griechenland nahmen Emilia Koujoumtzi und der Sänger Theo Kazakos teil.
Um es vorweg zu nehmen: Es war ein sehr gelungener, wunderbarer Abend in der Stuttgarter Liederhalle; ein wahrlich unvergessliches Erlebnis!
Die Organisation des Veranstalters "Kalimera Deutschland" war perfekt, der Saal ausverkauft, die Künstler auf der Bühne gaben ihr Bestes. Die größte Überraschung des Abends aber war Emilia Koujoumtzi, die Frau des 2005 verstorbenen großen griechischen Komponisten.
Die zierliche, eher introvertierte Frau trug zwischen den musikalischen Darbietungen Texte aus der Biographie ihres Mannes vor. Die Übersetzung für die deutschsprachigen Gäste übernahm Dimitris Giannadakis von der Initiative "Kalimera Deutschland".
Im zweiten Teil des Konzertes überrasche Emilia Koujoumtzi das Publikum, als sie selbst ein Lied von Stavros sang, eines seiner schönsten: S´agapo – ich liebe dich. So gefühlvoll, so ausdrucksvoll, so apart. Einfach wunderschön!
Die Qual der Wahl hatten der Initiator der Hommage Sawas Kakaris und der musikalische Leiter der Band Drosostalides, Giorgos Bakalidis bezüglich der Auswahl der Lieder des beliebten Komponisten. Denn es gibt so viele schöne, bekannte Lieder von ihm, die jeder Grieche kennt und singt – auch wenn er nicht immer weiß, dass Koujoumtzis der Urheber ist.
Von den 36 ausgesuchten Stücken war auch wirklich das eine schöner als das andere. Lieder wie " Es waren fünf, es waren sechs…" (Ήταν πέντε, ήταν έξι) oder "Die Freien und Schönen" (Οι ελεύθεροι και ωραίοι) durften freilich nicht fehlen, sowie auch das Lied, das alle im Publikum laut oder leise mitgesungen haben "Alles gut, alles schön " (Όλα καλά κι όλα ωραία).
Mit unbeschreiblicher Magie erfüllte die Zuhörer die Interpretation des Liedes "Irgendwo wird es dunkel" (κάπου νυχτώνει), das Sawas Kakaris nicht nur mit seiner warmen, kräftigen Stimme, sondern aus seiner Seele sang. Schmerz, Schauder, Nostalgie, aber mit dem Funken Hoffnung am Horizont. Charakteristisch für die Lieder von Koujoumtzis. Der Funke sprang zum Publikum über, das Gefühl der Gänsehaut erfüllte uns alle, danach folgte ein lang anhaltender Applaus für den Künstler.
Anna Labrinakou bedankte sich als Organisatorin der Hommage bei der Frau des Komponisten, Emilia Koujoumtzi, die aus Griechenland für diese Veranstaltung gekommen war. Sie sei besonders berührt, wenn junge Künstler, die außerhalb Griechenlands leben, das Werk ihres Mannes lieben und aufführen, erwiderte sie.
„Offene Fenster mit geschlossenen Fensterläden“ ist der Titel der Biographie ihres Mannes, aus dem Emilia Koujoumtzi Textpassagen vortrug. Das Rätsel des Titels löste sich bei ihren Ausführungen auf: Die ersten Klavierklänge, die Stavros als Jugendlicher hörte, vernahm er aus einer Wohnung in Thessaloniki, deren Fensterläden geschlossen, aber deren Fenster geöffnet waren wegen der Mittagshitze. Das war für ihn die Initialzündung, Musik und Komposition zu studieren. Ein schwieriger Weg für den armen verwaisten Jungen einer Flüchtlingsfamilie. Aber er ist ihn konsequent gegangen, mit vielen Entbehrungen und Erniedrigungen.
Besonders einprägsam war das Erlebnis des jungen Stavros in einer Taverne, als er eine „Parea“, eine Clique von jungen Männern, beim Essen beobachtete, während im Hintergrund aus dem Radio Musik zu hören war. Plötzlich hielten die Männer inne, lauschten dem Lied im Radio, und ihre Augen und Gesichter leuchteten, während sie das Lied mitsangen. Die Stimmungsänderung durch das Lied, die Wirkung des unbekannten Komponisten auf die für ihn unbekannte Gruppe, faszinierte den jungen Musiker. Er sagte zu seinem Freund: „Das ist es Marko, was ich machen möchte. Lieder schreiben, um die Menschen zu berühren“.
Dieses Ziel hatte der Komponist bereits 1970 erreicht mit seinem ersten großen Erfolg „Käme doch noch mal 1821“ (Να τανε το 21), und mit sehr vielen weiteren seiner Lieder, die zum Kulturgut der Griechen gehören.
Wie Anna Labrinakou von „Kalimera Deutschland“ bei ihrer Begrüßung sagte, die Lieder von Stavros Koujoumtzis sind „wie Diamanten, die einer Epoche ihren Stempel aufgedrückt haben. Lieder, die mit klaren Worten aus der Seele des einfachen Volkes sprechen; die solche Wahrheiten beinhalten, auf die sich ein breites Publikum stützen kann, sich auf einen gemeinsamen Codex verständigen kann“. Sie würdigte den Komponisten als einen der größten in Griechenland, als Musiker und als Menschen, dessen Werk immer wertvoller werde, je mehr Zeit vergehe – im Gegensatz zu den meisten kulturellen Erscheinungen unserer Zeit, stellte sie fest.
Biografie des Komponisten
Stavros Koujoumtzis erblickte das Licht der Welt im Jahr 1932 in Thessaloniki, als Sohn griechischer Flüchtlinge aus Kleinasien.
Im frühen Alter von drei Jahren stirbt sein Vater, so wächst er mit der Mutter auf, die hart arbeiten muss.
Seine ersten Begegnungen mit der Musik waren die Lieder, die aus dem Grammophon der Nachbarn erklangen, Volkslieder und „Rembetika“
Mit 15 Jahren begann er Klavierunterricht zu nehmen. Seinen Traum, Solist zu werden, konnte er wegen einer Erkrankung der Hände nicht verwirklichen.
Im Jahr 1961 veröffentlichte er sein erstes Lied „Die Taube“ (το περιστεράκι), das die Sängerin Zoe Kouroukli interpretierte. Mit der bekannten Schallplattenfirma „Lyra“ hat er jahrelang zusammengearbeitet.
Nachdem er 1967 geheiratet hatte, zog er nach Athen. Dort nahm er neben seiner Arbeit Unterricht in moderner und byzantinischer Musik.
In Athen wurden seine beiden Töchter geboren.
Nach dem großen Erfolg des Liedes „Να τανε το 21“, das von der Plattenfirma Minos veröffentlicht wurde, begann er eine enge Zusammenarbeit mit dem Sänger Jorgos Dalaras, einen der bekanntesten und erfolgreichsten Sänger der letzten Jahrzehnte.
Auch andere große Namen griechischer Interpreten wie Charis Alexiou, Dimitris Mitropanos, Viky Moscholiou, Jannis Parios, u.a. sangen seine folgenden, erfolgreichen Kompositionen.
Im Jahr 1988 kehrte er mit seiner Familie wieder nach Thessaloniki zurück.
Dort zog er sich vom Komponieren zurück und veröffentlichte bis 2005 drei Bücher.
Stavros Koujoumtzis gab viele Konzerte und wurde im Inn- und Ausland geehrt.
Der Stuttgarter Musiker Sawas Kakaris
Sawas Kakaris, ein großer Verehrer von Koujoumtzis, beschloss schon vor Jahren, dem großen Komponisten eine Hommage zu widmen und suchte in Stuttgart nach geeigneten Partnern.
Diese fand er vor einem Jahr in der Musikgruppe „Drosostalides“, die sich der authentischen und ästhetischen Wiedergabe griechischer Musik verschrieben hat, und er vertraute der Initiative „Kalimera Deutschland“, die seit 2010 in Stuttgart kulturell aktiv ist, die Organisation an.
„Diesem Komponisten verdanke ich meinen Zugang zur griechischen Musik“, sagt der Künstler, der als Jugendlicher nur Rockmusik liebte. Das Lied „κάπου νυχτώνει“ (Irgendwo wird es dunkel), gesungen von Jorgos Dalaras, hatte es ihm angetan. Seitdem besitzt er sämtliche Platten von Koujoumtzis und als Musiker widmet er ihm einen großen Teil seines Programms auf der Bühne.
Die Zusammenarbeit mit der Band Drosostalides hat zum guten Ergebnis geführt, weil die Mitglieder alle „hervorragende Musiker sind“, konstatiert Sawas Kakaris. Besonders mit dem musikalischen Leiter der Gruppe, Jorgos Bakalidis, habe er sehr vertrauensvoll arbeiten können, was zum Erfolg des Konzertes in der Liederhalle beigetragen habe, betont Kakaris. Aber, das Highlight des Abends war für ihn etwas anderes: „Es war die Tatsache, die Lieder des geliebten Komponisten in Anwesenheit seiner Muse, seiner geliebten Ehefrau Emilia, singen zu dürfen. Mit dieser Frau auf der gleichen Bühne zu stehen, ist etwas Unbeschreibliches!“, schwärmt der Stuttgarter Musiker.
Drosostalides
Die Musikgruppe Drosostalides, die dem Publikum in Stuttgart und Umgebung bereits durch mehrere Konzerte bekannt ist – wie die Hommage an Stelios Kazantzidis, an Vassilis Tsitsanis, an Dimitris Mitropanos – haben wir in neaFoni (1/2012) vorgestellt. Wer noch nicht das Vergnügen hatte, sie zu kennen, hier ein Link: www.youtube.com/drosostalidesband.
Bei der Hommage für Stavros Koujoumtzis in der Liederhalle nahmen die Musiker teil:
- Gesang: Sawas Kakaris (Σάββας Κάκαρης), Pavlos Zisakos (Παύλος Ζησάκος), Sevi Filipidou (Σέβη Φιλιππίδου) und als Gäste aus Griechenland Emilia Koujoumtzi (Αιμιλία Κουγιουμτζή) und Theo Kazakos (Θέο Καζάκος)
- Bouzouki: Giorgos Konstantis (Γιώργος Κωνσταντής) und Nikos Dimitriou (Νίκος Δημητρίου)
- Gitarre: Zissis Ziantidis (Ζήσης Σιαντίδης)
- Bass: Nikos Hatzis (Νίκος Χατζής)
- Contrabass: Loukas Hatzis (Λουκάς Χατζής)
- Klavier, Akkordeon, Klarino und Gesamtleitung: Jorgos Bakalidis (Γιώργος Μπακαλίδης)
- Baglama und Percussion: Vangelis Dimopoulos (Βαγγέλης Δημόπουλος)
- Schlagzeug: Kostas Mantzios (Κώστας Μάντζιος)
